Michael

Michael
I
Mịcha|el,
 
einer der Erzengel; im Alten Testament (Daniel 12, 1), der Schutzengel Israels; im Neuen Testament der Bekämpfer des Teufels (Judasbrief 9) und des endzeitlichen Drachens (Offenbarung des Johannes 12, 17). Die jüdische und christliche Tradition sehen in Michael den Anführer (»Bannerträger«) der himmlischen Heerscharen, den Vertrauten Gottes und Fürsprecher der Menschen bei Gott und den Engel der Gerechtigkeit und der Gnade, der die Seelen der Verstorbenen in den Himmel vor das Gericht Gottes geleitet. Bereits früh in der christlichen Kirche verehrt, wurde Michael im Mittelalter als Heerführer der Engel zum Schutzpatron des Heiligen Römischen Reiches, der Kirche und der christlichen Ritter und ist heute Patron zahlreicher Kirchen und Städte. - Fest (zusammen mit Gabriel und Raphael): 29. 9.
 
Brauchtum: Der Michaelistag (29. 9.) galt in verschiedenen Landschaften als Sommerende und Ernteschluss (Erntedankfest). Seine Feier verschmolz vielfach mit der Kirchweih. Bei den weit verbreiteten Ernteschmausfesten wird am Niederrhein und in England die Michaelisgans verzehrt; in Gebieten Süddeutschlands, in denen am Michaelistag die Arbeit bei Licht begann, hieß sie »Lichtgans« oder »Lichtbraten«.
 
In der bildenden Kunst wird der Erzengel Michael, aus der Schar der Engel besonders herausgehoben, schon relativ früh dargestellt, zunächst wohl im byzantinischen Bereich (u. a. auf dem Flügel eines Diptychons aus Konstantinopel, Anfang des 6. Jahrhunderts; London, Britisches Museum), geflügelt, in langem Gewand, in der Rechten die Weltkugel, in der linken einen Wächterstab. Neben diesem Darstellungstyp, der sich bis ins Mittelalter behauptete, erscheint der Typus des kriegerischen Erzengels (u. a. in der byzantinischen Josuarolle, wohl 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts; Rom, Vatikanische Sammlungen). Mit Schwert und Lanze kämpft er gegen Luzifer (Bronzegruppe H. Gerhards an der Fassade von Sankt Michael in München, 1588-92), als Anführer der Engel stürzt er die von Gott abgefallenen Engel (»Kleines Jüngstes Gericht« von P. P. Rubens, um 1620; München, Alte Pinakothek). Michael tritt auch als Seelenwäger allein (Ikone, 13. Jahrhundert; Pisa, Museo Civico) oder in Darstellungen des Jüngsten Gerichts in Erscheinung (Tympana französischer Kathedralen, z. B. Autun, Saint-Lazare, 1. Viertel 12. Jahrhundert; R. van der Weyden, zwischen 1442/51; Beaune, Hôtel-Dieu).
 
II
Mịcha|el,
 
griechisch Micha|el, portugiesisch Miguẹl, rumänisch Mihai, Herrscher:
 
 Byzanz:  
 1)Mịcha|el I. Rhangabẹ, Kaiser (811-813), ✝ auf der Insel Prote (bei Konstantinopel) 845; Nachfolger und Schwiegersohn Nikephoros' I.; nahm als Bilderverehrer den Studitenabt Theodoros zum Ratgeber. 812 billigte er Karl dem Großen den Kaisertitel zu. Michael verfeindete sich mit der Armee, die ihn nach der Niederlage gegen die Bulgaren am 22. 6. 813 bei Versinikia (in der Nähe von Adrianopel) absetzte.
 
 2) Mịcha|el III., Kaiser (seit 842), * Konstantinopel 838, ✝ ebenda 23. 9. 867; entledigte sich 856 der Vormundschaft seiner Mutter Theodora und überließ die Regierung seinem Onkel Bardas, der Photios zum Patriarchen von Konstantinopel berief. Es kam zum Konflikt mit Papst Nikolaus I., in dem, verschärft durch die Missionsarbeit von Kyrillos und Methodios bei den Slawen, die kirchliche Entfremdung von Rom vertieft wurde. Während auf Sizilien die Araber vordrangen, begann mit der Niederlage des Emirs von Melitene (863) im Osten die byzantinische Offensive. 860 wurde eine russische Expedition gegen Konstantinopel abgewehrt. Michael wurde durch seinen Günstling Basileios ermordet, der 865 Bardas beseitigt hatte und als Basileios I. Michaels Nachfolge antrat.
 
 3) Mịcha|el VII. Dukas, Kaiser (1071-78), * 1059, ✝ Konstantinopel 1078; Sohn Konstantins X. Dukas, wurde nach der Absetzung Romanos' IV. Diogenes am 24. 10. 1071 zum Kaiser ausgerufen. Unter ihm gingen Kleinasien und Bari verloren; 1072-77 empörten sich die Bulgaren, im Norden des Reiches kam es zu Plünderungen durch Petschenegen und Ungarn. Nachdem Nikephoros III. Botaneiates am 7. 1. 1078 zum Gegenkaiser proklamiert worden war und rd. drei Monate später in Konstantinopel einzog, ging Michael in das Studioskloster, wo er bald starb.
 
 4) Mịcha|el VIII. Palaiolọgos, Kaiser (seit 1259 in Nikaia, nach der Beseitigung des Lateinischen Kaiserreichs seit 1261 in Konstantinopel), * 1224, ✝ bei Selymbria (heute Silivri, Provinz Istanbul) 11. 12. 1282; Begründer der Dynastie der Palaiologen und Erneuerer der byzantinischen Großmacht. Als Feldherr der Exilkaiser Johannes III. Dukas Vatatzes und Theodoros II. Laskaris erlangte Michael nach dem Tod des Letzteren (1258) die Regentschaft in Nikaia und wurde 1259 Mitkaiser des unmündigen Thronerben Johannes IV. Laskaris, den er später blenden ließ (Arseniatenstreit). Nach dem Sieg über westgriechische Despoten und Lateiner vor Pelagonia (1259) verbündete sich Michael mit Venedigs Rivalen Genua und befreite Konstantinopel 1261 von dem lateinischen Kaiser Balduin II. Durch geschickte Diplomatie, die vor dem Bündnis mit dem mächtigen Mameluckensultan in Kairo nicht zurückschreckte und gleichzeitig gegen Widerstand im eigenen Volk auf dem Konzil zu Lyon 1274 die Kirchenunion mit Rom durchsetzte, wehrte Michael die Eroberungspläne des sizilianischen Königs Karl I. von Anjou ab, den er durch Unterstützung der Sizilianischen Vesper stürzen half (1282). Innere Wirren, die wirtschaftliche Vormacht der italienischen Republiken, der Druck des Serbenreiches im Nordwesten und die im schutzlosen Kleinasien keimende Osmanengefahr leiteten beim Tod Michaels den Niedergang des spätbyzantinischen Reiches ein.
 
 Polen:  
 5) Mịcha|el, polnisch MichałKorỵbut Wiśniowiecki [-viɕnjɔ'vjɛtski], König (1669-73), * 31. 7. 1640, ✝ Lemberg 10. 11. 1673; seit 1670 Ȋ mit Eleonore (* 1653, ✝ 1697), Schwester Kaiser Leopolds I. Gegen seinen Willen gewählt, konnte er sich nicht gegen den Adel durchsetzen und musste 1670 Kiew an Russland und 1672 im Frieden von Buczacz Podolien und einen Teil der Ukraine an das Osmanische Reich abtreten.
 
 Portugal:  
 6) Mịcha|el I., Dom Miguel [dɔ̃ mi'ɣɛl], König (1828-34), * Lissabon 26. 10. 1802, ✝ Bronnbach (heute zu Wertheim) 14. 11. 1866; jüngerer Sohn König Johanns VI., wurde 1826 von seinem Bruder, Kaiser Peter I. von Brasilien, für dessen Tochter Maria II. da Glória zum Regenten für Portugal bestimmt. 1828 hob er durch einen Staatsstreich die liberale Verfassung Peters auf und ließ sich zum König ausrufen. Peter setzte ihn ab und eroberte mit britischer Hilfe 1832 Porto, 1833 Lissabon; 1834 musste Michael allen Thronansprüchen entsagen und Portugal verlassen. Auf Michael geht die »prinzliche« Linie der Dynastie Bragança zurück, die noch heute besteht.
 
 Rumänien:  
 7) Mịcha|el I., rumän.rumänisch Mihai I., König (1927-30 und 1940-47), * Sinaia 25. 10. 1921; aus dem Geschlecht Hohenzollern-Sigmaringen, Sohn König Karls II.; seit 1948 Ȋ mit Anna von Bourbon-Parma. Als Nachfolger seines Großvaters Ferdinand I. stand Michael 1927-30 unter Regentschaft und kam nach der Abdankung seines Vaters 1940 erneut auf den Thron. Nach der von ihm veranlassten Verhaftung Marschall I. Antonescus (23. 8. 1944 vollzog er den Frontwechsel von den Achsenmächten zu den Alliierten und führte mit der sofortigen Annahme der Friedensbedingungen Rumänien auf die Seite der Antihitlerkoalition. Er versuchte danach vergeblich, die kommunistische Umwälzung aufzuhalten (u. a. »Königsstreik« 1945). Nach dem Wahlerfolg der von den Kommunisten dominierten Nationalen Front im November 1946 und mehreren Regierungsumbildungen dankte Michael erzwungenermaßen am 30. 12. 1947 auch für seine Erben ab (Widerruf am 3. 3. 1948 in London) und verlor die rumänische Staatsbürgerschaft. Michael lebt seither als Geschäftsmann in der Schweiz.
 
 
A. S. G. Lee: Crown against sickle, the story of King M. of Rumania (London 1950).
 
 Rußland:  
 8) Mịcha|el, russisch Michaịl [-x-] Fjọdorowitsch, Zar (seit 1613), * Moskau 22. 7. 1596, ✝ ebenda 23. 7. 1645; begründete die Dynastie der Romanows. Nach der »Zeit der Wirren« am 21. 2. 1613 zum Zaren gewählt, überließ er die Regierung zunächst seinen Beratern, v. a. bis 1633 seinem 1619 aus polnischer Gefangenschaft zurückgekehrten Vater, dem Patriarchen von Moskau Filaret, der trotz wesentlicher Gebietsabtretungen an Schweden (1617) und Polen (1618) die Sicherheit nach außen und im Inneren die Zarengewalt festigen konnte; die sozialen und wirtschaftlichen Probleme des Landes blieben jedoch ungelöst.
 
 Serbien:  
 9) Mịcha|el Obrẹnović [-vitɕ], serbisch Mịhailo Obrẹnović, Fürst (1839-42 und seit 1860), * Kragujevac 16. 9. 1823, ✝ Topčider (heute Belgrad) 10. 6. 1868; Sohn von Miloš Obrenović; lebte, 1842 durch einen wegen hoher Steuern ausgebrochenen Aufstand vertrieben, mit seinem zum Fürsten gewählten Vater bis 1858 im Exil (Wien, Berlin, Walachei) und trat nach dessen Tod die Nachfolge an. Der wohl bedeutendste Herrscher der neueren serbischen Geschichte modernisierte die Verwaltung und schuf ein reguläres Heer, erreichte 1867 den Abzug der letzten türkischen Garnisonen (de facto die Unabhängigkeit). Er war ein entschiedener Befürworter einer Föderation christlicher Balkanvölker, aber auch großserbischer Ideen; von Anhängern der Dynastie der Karađorđević ermordet.
 
 Walachei:  
 10) Mịcha|el der Tapfere, Mịhai Viteạzul, Fürst (seit 1593), * 1558, ✝ 19. 8. 1601; befreite durch den Sieg von Giurgiu (1595) vorübergehend sein Land von den Türken und eroberte, unterstützt durch den siebenbürgischen Fürsten Sigismund Báthory, die Festungen Rustschuk und Silistra; 1598 versicherte er sich der Unterstützung Kaiser Rudolfs II. Nach dem Sieg über den siebenbürgischen Fürsten Andreas Báthory (1599) sowie der Vertreibung des Woiwoden der Moldau Jeremia Movilǎ (1600) rief er sich zum Herrscher der drei Fürstentümer aus und vereinigte kurzzeitig alle von Rumänen bewohnten Gebiete; daher als Vorläufer des nationalen Einheitsgedankens verehrt; nach dem Sieg über die Türken (Goraslau, 3. 8. 1601) im Auftrag des kaiserlichen Generals Georg Basta (✝ um 1612) wegen angeblichen Treuebruchs ermordet.
 
 
K. Göllner: M. der Tapfere im Lichte des Abendlandes (Hermannstadt 1943);
 A. Randa: Pro republica Christiana (München 1964).
III
Mịcha|el,
 
Michael Choniạtes, fälschlich auch Akominạtos, griechischer Theologe und Schriftsteller, Choniates, Michael.
 

Universal-Lexikon. 2012.

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